Den starken Worten Taten folgen lassen

Bericht: Entgegen der eigenen Ankündigung tut die EU zu wenig gegen Israels Besatzungspolitik

26.05.2013   Lesezeit: 3 min

Vor genau einem Jahr veröffentlichten die Außenminister der Europäischen Union eine ihrer bislang stärksten Erklärungen über die Situation in den besetzten Palästinensergebieten. Doch während Israel weiterhin jede Möglichkeit für einen gerechten Frieden verbaut, ist die EU ihren eigenen Ansprüchen seitdem keineswegs gerecht geworden. In aller Deutlichkeit bestätigt das der Bericht „Failing to make the grade“, den medico gemeinsam mit anderen Organisationen, die in den besetzten Gebieten tätig sind, erarbeitet hat.

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In ihrer Erklärung von vor einem Jahr verurteilten die EU-Außenminister die israelische Politik, die das Leben der palästinensischen Zivilbevölkerung in den C-Gebieten immer schwerer macht. Sie sprachen sich gegen die grundlegenden Menschenrechtsverletzungen aus: gegen die Vertreibung, die Einschränkungen des Zugangs zu Wasser, den Aufbau israelischer Siedlungen, die Gewalt israelischer Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung und die Einschränkung des Zugangs zu humanitärer Hilfe.

Israels zerstörerische Politik im Westjordanland geht weiter

Nach dieser Erklärung stiegen die Hoffnungen, dass die EU eine Politik verfolgen könnte, die die immer unhaltbarer werdende Situation tatsächlich positiv beeinflussen könnte. Doch leider hat sich die Situation vor Ort im letzten Jahr kaum verbessert. Israels Regierung verfolgte weiter eine Politik, die dem Internationalen Recht eklatant widerspricht. Im Westjordanland bauten die israelischen Behörden 600 Häuser für israelische Siedler, während sie gleichzeitig 535 palästinensische Häuser und andere Bauten niederrissen. Etwa 784 Menschen wurden dadurch obdachlos.

Einzelne europäische Staaten und Institutionen haben zwar gegen diese Politik mit starken Worten protestiert, doch die europäische Reaktion auf die fortwährende Zerstörung von Wohnhäusern, Schulen und anderer elementarer Infrastruktur unterscheidet sich von Fall zu Fall und bleibt unkoordiniert. Trotz der Initiativen einzelner Staaten und Institutionen, zögern Europas Staatslenker ihre israelischen Gesprächspartner koordiniert und systematisch aufzufordern, die Politik gegenüber den Palästinenserinnen und Palästinensern in den C-Gebieten fundamental zu verändern.

Palästinenser werden weiter verdrängt

Fast genau 60 Prozent des Westjordanlands sind sogenannte C-Gebiete und unterliegen der direkten israelischen Verwaltung. Nichts darf dort ohne Genehmigung gebaut werden. Während die israelischen Siedlungen mithilfe großzügiger staatlicher Subventionen gefördert werden, wird der Zugang der palästinensischen Gemeinden zu Wasser und Land systematisch verknappt, dürfen Häuser nicht ans Stromnetz angeschlossen, Kindergärten oder Gesundheitseinrichtungen nicht gebaut werden. Mit dieser Politik einer gezielten Rückentwicklung verdrängt die israelische Administration die palästinensische Bevölkerung in die dichtgedrängten städtischen Enklaven Ramallah oder Nablus. Doch ohne den ländlichen Raum zwischen diesen Städten ist kein lebensfähiger palästinensischer Staat möglich. Etwa 150.000 Palästinenser leben im C-Gebiet des Westjordanlands, hinzu kommen etwa 325.000 israelische Siedler. Die Palästinenserinnen und Palästinenser im C-Gebiet kämpfen darum, einfache Häuser bauen zu dürfen, ihr Vieh weiden zu lassen oder Zugang zu Wasser oder Schulen und Gesundheitseinrichtungen zu erhalten.

Europa muss handeln

Gemeinsam mit vielen weiteren internationalen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, die in den besetzten Palästinensergebieten tätig sind, drängt medico international die Europäer mit diesem Bericht zu vereintem politischen Handeln. Der Bericht beinhaltet konkrete Vorschläge, wie die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit geeinten Kräften dazu beitragen können, dass sich die Situation von Tausenden Männern, Frauen und Kindern in den C-Gebieten konkret verbessert. Die Europäische Union muss darauf hin arbeiten, dass eine Friedenslösung nicht völlig verbaut wird. Dazu gehört, Druck auf Israel auf höchster Ebene auszuüben, damit die Behörden Baupläne und Baugenehmigungen für alle palästinensischen Gemeinden im C-Gebiet erteilen. Die Organisationen fordern außerdem, dass mehr Gelder in die C-Gebiete fließen, um Infrastruktur aufzubauen, die für humanitäre Zwecke notwendig ist, auch notfalls ohne Genehmigungen. Wenn Israel Infrastruktur zerstört, sollte die EU darauf grundsätzlich mit dem Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur reagieren und die Zerstörungen gleichzeitig mit scharfen diplomatischen Reaktionen von höchster Ebene bedenken. Die Europäische Union könnte die Situation der Menschen vor Ort erleichtern. Doch dafür muss sie den Worten jetzt Taten folgen lassen.


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