Das Women’s Action Network ist eine der ältesten Partnerorganisationen medicos in Sri Lanka und umfasst acht Organisationen, zu denen sich im Norden und Osten Sri Lankas Frauen tamilischen und muslimischen Hintergrunds zusammengeschlossen haben. Sie setzen sich für eine in den Rechten der Frauen basierte Demokratisierung des Landes, für ethnisch-religiöse Gleichheit und für eine Gerechtigkeit ein, die auch aus seiner Durcharbeitung der Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen der Vergangenheit resultiert. Sprecherin des Netzwerks ist Shreen Saroor, eine Feministin muslimischen Hintergrunds.
Colombo, 23. April 2019
Erklärung des Women’s Action Network (WAN) zu den Osterbomben auf Sri Lanka
Das Women's Action Network verurteilt nachdrücklich die Bombenanschläge auf Kirchen und Hotels in Colombo, Negombo und Batticaloa. Kinder und Familien, die einen fröhlichen Ostersonntag feiern, liegen jetzt unter den 310 Getöteten und Hunderten Verletzten. In Säcken transportierte Körper; Begräbnisse für Kinder, Eltern und Touristen: unmöglich zu ertragen, unmöglich, Worte zu finden. Unsere Herzen, unsere Gedanken und Gebete sind bei den Familien und Angehörigen der vielen Opfer dieses abscheulichen Angriffs. Wir stehen an der Seite der christlichen Gemeinschaften.
Jede Gemeinschaft in Sri Lanka spürt das Trauma. Christ*innen, ins Visier genommen an ihrem heiligsten Tag, fragen, ob der Staat religiöse Minderheiten vor Terror schützen wird. Selbstmordattentate rufen Kriegserinnerungen und Unsicherheitsgefühle für alle Gemeinschaften hervor – Singhales*innen, Tamil*innen, Muslim*innen; Frauen, Männer und Kinder. Muslim*innen, die kürzlich erst selbst Opfer ethnisch gerichteter Gewalt waren, befürchten, dass der Hass jetzt zu Vergeltungsmaßnahmen aufstacheln wird. Sie hoffen, dass wie sie selbst auch alle anderen verstehen, dass diese Bombenanschläge nicht zum Islam gehören und insbesondere der traditionellen Gewaltlosigkeit der muslimischen Gemeinschaft in Sri Lanka widersprechen. Traumata und Angst suchen auch die Tamil*innen heim, die befürchten, dass dieser Angriff dazu führen können, ihnen weiter die versprochene Gerechtigkeit vorzuenthalten, besonders die Erfüllung ihrer Forderung nach Abschaffung diskriminierender Sicherheitsgesetze und -strukturen. Außenstehende verbinden unsere wunderschöne Insel jetzt wieder mit Blutvergießen, Diskriminierung und Angst.
Wir verurteilen die verachtenswerte Tat der Mörder auf das Schärfste. Das grausame Töten von Zivilist*innen an Orten der Anbetung widerspricht unserer gemeinsamen Menschlichkeit und kann von niemandem gerechtfertigt werden, unter keinen Umständen. Wir hoffen, dass die für dieses Verbrechen Verantwortlichen festgenommen und strafrechtlich verfolgt werden. Wiederholen wird sich dieses Verbrechen nur dann nicht, wenn die Täter nach dem Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden und der Staat seiner Verantwortung nachkommt.
Es ist zutiefst beunruhigend, dass Geheimdienste des Staates Informationen über mögliche Angriffe unbeachtet ließen und wir Bürger*innen im Dunkeln blieben. Wir glauben, dass diese Fahrlässigkeit mitverantwortlich für die großen Verluste und Schäden ist. Wir müssen lernen, mit dem Wissen um mögliche Bedrohungen unserer Sicherheit öffentlich umzugehen, statt es in der elitären Verfügung von Regierungsorganen zu belassen.
Die Kraft, zu verstehen, wie das alles geschehen konnte und wie es jetzt weitergehen kann, können wir nur im Gemeinsamen finden. Aus der Geschichte haben wir gelernt, dass Spaltung und Hass nur Gewalt und Verlust bedeuten. Wir fordern den Staat noch einmal zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter und zum Schutz der religiösen Minderheiten vor weiteren Angriffen auf. Dabei muss es auch darum gehen, Vergeltungsmaßnahmen zu verhindern und sich für die Harmonie der Gemeinschaften einzusetzen. In den Bemühungen, die Kluft zwischen den Gemeinschaften zu überbrücken, müssen Frauen auf allen Ebenen teilnehmen. Aktuell unterstützen wir uneingeschränkt die Aufforderungen, ungeprüfte Berichte nicht zu verbreiten und gemeinsam stark zu bleiben: der Staat muss weiterhin alle Bürger*innen vor bösartigen Gerüchten und Hassreden in den sozialen Medien schützen. Ausgangssperren und militärische Präsenz auf den Straßen allein werden nicht ausreichen, um Unschuldige zu schützen.
Wir rufen die Sri Lankaner*innen aus allen Gemeinschaften auf, sich an diesen Bemühungen zu beteiligen und sich um ihre Mitbürger*innen zu sorgen. Selbst in diesem Wahljahr geht es nicht bloß um Politik, sondern um unsere kollektive Heilung und unser Überleben im Aufbau der gemeinsamen, gerechten und friedlichen Zukunft, die wir verdienen. Die Osterereignisse zwingen uns alle, auch in der Zivilgesellschaft, vor allem anderen daran zu denken, wie wir gemeinsam vorankommen und Vertrauen zwischen uns und unseren Gemeinschaften schaffen.