Die Weltgemeinschaft hat ihr Versprechen gebrochen, für den Wiederaufbau des Gaza-Streifens zu sorgen, der durch den letztjährigen bewaffneten Konflikt zerstört wurde. Internationale Geberstaaten hatten im Oktober vergangenen Jahres bei einer Konferenz in Kairo 3,5 Milliarden US-Dollar für Hilfsmaßnahmen in Aussicht gestellt.
Der unter anderem von Ärzte der Welt, Handicap International, der Heinrich-Böll-Stiftung, medico international und Oxfam herausgegebene Bericht „Charting a New Course: Overcoming the Stalemate in Gaza“ weist nach: Ein halbes Jahr nach den Versprechungen ist kaum etwas davon umgesetzt worden. Kein einziges der während der israelischen Militäroperation zerstörten Wohnhäuser wurde wieder aufgebaut. 100.000 Menschen haben nach wie vor kein Obdach und viele müssen in provisorischen Unterkünften oder Schulen leben.
Geberregierungen dürfen sich nicht länger mit der Blockade Gazas abfinden, sondern ihren politischen Einfluss für deren Beendigung geltend machen, fordert medico international. Sonst haben die dort lebenden 1,8 Millionen Menschen keine Chance, dem Teufelskreis aus Not, Gewalt und Zerstörung zu entkommen. Es muss jetzt alles daran gesetzt werden, die Konfliktursachen zu beseitigen.
Der Bericht enthält unter anderem folgende Empfehlungen an die internationale Gemeinschaft:
- Geberregierungen müssen auf der völkerrechtlichen Verpflichtung bestehen, die Grenze nach Gaza für die Lieferung von nötigen Hilfsgütern zu öffnen.
- Alle Kriegsparteien müssen für begangene Verletzungen des humanitären Völkerrechts zur Rechenschaft gezogen werden. Zu berücksichtigen sind dabei auch Verpflichtungen aus dem globalen Abkommen zur Kontrolle des Waffenhandels (Arms Trade Treaty, ATT). Lieferungen von Waffen und Munition, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unterschiedslos gegen Zivilisten eingesetzt werden, dürfen demnach nicht getätigt werden.
- Die Blockade des Gaza-Streifens durch Israel muss beendet werden. Sie erschwert die humanitäre Hilfe und macht die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Gaza so gut wie unmöglich. 80 Prozent der dortigen Bevölkerung sind auf internationale Hilfe angewiesen, 69 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos. Exporte aus Gaza betragen weniger als 2 Prozent des Niveaus vor der Blockade, der Personenverkehr aus und nach Gaza ist praktisch zum Erliegen gekommen.
- Der Wiederaufbau kam bislang auch mangels palästinensischer Führung nicht gut voran. Die Geberstaaten sollten stärker auf die palästinensische Seite einwirken, den Aufbau effektiver zu koordinieren. Die Situation wird durch die von der israelischen Regierung verhängten Reisebeschränkungen allerdings zusätzlich erschwert.