Kinder als Marketingstrategie

19.08.2005   Lesezeit: 2 min

Keine Frage: Kinderpatenschaften sind "in". Direct-Mailings, Billboard-Werbung und Wurfsendungen, ausgedacht von findigen Fundraising-Strategen, haben für höchste Zuwachsraten auf dem Spendenmarkt gesorgt. Und weil es um einen guten Zweck geht, will keiner etwas dagegen sagen. Kritiker solcher Fundraising-Konzepte, allzumal wenn sie selbst aus den Reihen der Hilfsorganisationen kommen, setzen sich leicht dem Verdacht aus, nur neidisch auf den Erfolg der anderen zu sein. Tatsächlich aber diskutieren Hilfsorganisationen seit vielen Jahren darüber, wie weit Marketingstrategien gehen dürfen und wann Werbung dem Gebot der Würde und der Authentizität zu widersprechen beginnt. Das Bündnis "Gemeinsam für Menschen in Not – Entwicklung hilft", in dem Brot für die Welt, die Deutsche Welthungerhilfe, medico international, Misereor und terre des hommes zusammenarbeiten, hat nun ein Faltblatt herausgegeben, das sich kritisch mit Kinderpatenschaften auseinandersetzt und Bewusstsein für die Komplexität von Hilfe und das Problem ihrer öffentlichen Vermarktung schaffen will. Hier Auszüge aus dem Faltblatt:


Viele Menschen übernehmen eine Kinderpatenschaft, weil sie konkrete Hilfe leisten möchten. Einem Kind die Ausbildung sichern und damit in seine Zukunft investieren: die Vorteile liegen scheinbar auf der Hand. Der Spender weiß genau, wohin sein Geld fließt, und übernimmt mit der persönlichen Bindung zum Patenkind "echte Verantwortung". Manchmal bekommt er/sie sogar Briefe von "seinem" Patenkind. Auch die Mitarbeiter von Brot für die Welt, der Deutschen Welthungerhilfe, medico international, Misereor und terre des hommes erhalten jeden Monat zahlreiche Anfragen, mit denen sich Spender nach Kinderpatenschaften erkundigen. Oft sind die Menschen enttäuscht, weil wir grundsätzlich keine Kinderpatenschaften vermitteln und auch nicht mit ihnen werben. Kinderpatenschaften sind unserer Ansicht nach nicht vereinbar mit den Prinzipien einer wirksamen und nachhaltigen Entwicklungsarbeit und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit.

Bereits in den siebziger und achtziger Jahren gab es unter den Hilfsorganisationen eine breite Debatte über die Vermittlung von Kinderpatenschaften. Kritisiert wurde damals vor allem,

  • dass Patenschaften Einzelfallhilfe sind, die sich nicht mit den Ursachen von Armut und Entwicklungsproblemen auseinandersetzen,
  • dass Patenschaften Kinder isolieren und Neid erzeugen,
  • dass Kinder im Rahmen von Patenschaften in Heimen untergebracht und damit familiäre und soziale Strukturen zerstört würden, * dass Patenschaften einen hohen Verwaltungsaufwand verursachen und damit teuer sind.

Kinderpatenschaften wecken einen Beschützerinstinkt; sie appellieren an unsere Gefühle – und darüber an unsere Spendenbereitschaft. Problematisch wird das dann, wenn die Werbung einen Eindruck enstehen lässt, der nicht mit der Hilfe vor Ort übereinstimmt.


Die fünf im Bündnis "Gemeinsam für Menschen in Not – Entwicklung hilft" zusammengeschlossenen Hilfswerke arbeiten in Afrika, Asien und Lateinamerika mit den Ärmsten der Armen – mit Menschen, die durch Kriege und Katastrophen alles verloren haben, mit Landlosen, mit Bäuerinnen, mit Straßenkindern oder mit Kindersoldaten. Dabei geht es nicht um schnelle, medienwirksame Erfolge, sondern um nachhaltige Veränderungen.

Die Broschüre mit dem vollständigen Text können Sie online auf unseren Materialseiten oder telefonisch bestellen: Tel. 069 944 38-0.


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