Gaza

Lebensmittelhilfe unter Bomben

Die zu Ernährungssouveränität arbeitende Union of Agricultural Work Committees leistet Nahrungsmittelhilfe.

Schon vor dem 7. Oktober waren in Gaza rund 80 Prozent der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen, 65 Prozent litten unter Ernährungsunsicherheit. Nicht nur deshalb hatte Medico International, abgesehen von den langjährigen Projekten in den von Israel kontrollierten C-Gebieten des Westjordanlandes, auch im Gazastreifen begonnen, mit der Union of Agricultural Work Committees (UAWC) zu Fragen der Ernährungssouveränität zu arbeiten. Das Konzept unter[1]scheidet sich von der bloßen Ernährungssicherheit insofern, als es nicht nur den Zugang zu Nahrungsmitteln im Blick hat, der ja auch nicht nachhaltig durch rein humanitäre Hilfe geschaffen werden kann, sondern es nach einer selbstbestimmten Nutzung der eigenen Ressourcen strebt.

Vor dem 7. Oktober 2023 waren in Gaza über 30 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Enklave für palästinensische Bäuerinnen und Bauern sowie Hirtenfamilien nicht frei zugänglich. Dort beanspruchte die israelische Armee seit Jahren einen breiten Korridor entlang der Sperranlage als Pufferzone innerhalb Gazas, in dem nichts angebaut werden und den niemand betreten durfte.

In einem großangelegten Projekt für Patient:innen mit chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes – also Erkrankungen, deren Symptomatik sich mit der Ernährung wesentlich beeinflussen lässt – hatte die UAWC beispielsweise Dachgärten beigesteuert. Zum einen ließen sich Patient:innen so körperlich aktivieren, zum anderen erhielten sie frisches Gemüse, Küchenkräuter und Heilpflanzen. Ein weiteres, im Jahr 2023 angelaufenes Projekt widmete sich vor dem 7. Oktober der Unterstützung von Fischer- und Hirtenfamilien. Für die einen bot die UAWC tierärztliche Dienste an, vor allem für Schafe und Ziegen. Die anderen erfuhren Unterstützung bei der Reparatur ihrer Boote und der Instandsetzung ihrer Ausrüstung für die (Küsten-)Fischerei.

Beide Berufsgruppen sind seit Jahren Angriffen durch die israelische Armee und Marine ausgesetzt gewesen: die einen, weil sie immer wieder in jene nicht klar demarkierte und in der Praxis unter[1]schiedlich tief durchgesetzte Pufferzone zur Sperranlage mit Israel gingen, um ihre Tiere weiden zu lassen; die anderen, weil sie auf See – auch innerhalb der mit Israel vereinbarten Gewässerzone – angegriffen, ihre Boote beschädigt, beschlagnahmt oder versenkt wurden. Vor allem der Fischereisektor in Gaza war deshalb über die Jahre geschrumpft.

Dann kamen am 7. Oktober 2023 die Anschläge der Hamas in Israel und im Anschluss der noch immer andauernde Krieg. Nach der vorübergehenden Abriegelung Gazas auf Befehl des israelischen Verteidigungsministers am 9. Oktober verknappten rasant alle Vorräte. Die Hilfslieferungen decken laut dem Büro für Humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen weiterhin nur einen Bruchteil des Bedarfs.

In dieser Lage begann die UAWC bereits am 8. Oktober damit, Lebensmittelpakete zu beschaffen und isolierte, unterversorgte Familien im gesamten Gazastreifen zu beliefern. Die Unterstützung richtet sich an Binnenvertriebene und (noch) nicht geflohene Menschen, die in der akuten Notlage Nahrungsmittelhilfe benötigen. Dabei arbeitet das Team von UAWC mit einem bewährten Netzwerk von mehr als 30 Freiwilligen zusammen, die nicht nur die gefährlichen Wege auf sich nehmen, um die Lebensmittel zu bedürftigen Familien zu bringen, sondern deren Augen und Ohren unerlässlich sind, um in Erfahrung zu bringen, wo in der Not überhaupt noch etwas erhältlich ist.

Weitgehend auf sich allein gestellt, sind die meisten Menschen gezwungen, in dem von der Außenwelt abgeschnittenen Kriegsgebiet Waren auf dem Schwarzmarkt zu kaufen, wenn die humanitäre Hilfe nicht ausreicht oder sie nicht erreichen kann. Wie die Mayasem Association in Rafah kann UAWC bei der Beschaffung von Lebensmitteln als größerer Abnehmer gegenüber Händlern bessere Preise aushandeln

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Veröffentlicht am 06. Mai 2024

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