Soziale Netzwerke für die Einheit

Junge Palästinenser fordern ihre Führungen in Gaza und der Westbank heraus

11.04.2011   Lesezeit: 2 min

Der plötzliche Sturz der bleiernen Zeit in Ägypten hat auch die palästinensische Bevölkerung elektrisiert. Eine Gruppe junger Studenten aus Gaza hatte bereits in einem weltweit verständlichen Slang eine elektronische Flaschenpost in die Welt gesetzt: „Fuck Hamas, fuck Israel, fuck Fatah, fuck UN“, will heißen, wir halten unseren eigenen Status Quo nicht mehr aus: Die andauernde israelische Blockade, die eigene reaktionäre Regierung, dazu eine passive Weltgemeinschaft, die die Ursachen des Konflikts umgeht und stattdessen die UNHilfsagenturen für Palästina mit enormen Geldsummen versorgt. In Gaza leben 1,5 Millionen Menschen, 53% von ihnen sind minderjährig. Für diese Jugend ist ein Studium draußen in der Welt ebenso ausgeschlossen wie der Besuch der Westbank oder gar Jerusalems.

Jüngst bildete sich auf Facebook auch eine weitere Netzgemeinschaft, die aus beiden Teilen der besetzten Gebiete stammt. Auf diesem virtuellen Marktplatz haben sich mittlerweile Zehntausende versammelt, die von den verfeindeten Kontrahenten Fatah und Hamas, die sich in ihren eingekesselten Einflusszonen arrangiert haben, das sofortige Ende der innerpalästinensischen Spaltung, die Stärkung der demokratischen Institutionen und eine neue gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Besatzung fordern. Für diese neue Generation Palästinenser, die durch Checkpoints und Sperranlagen voneinander getrennt aufwachsen, ist das Internet der Ort der Begegnung, so Mahmoud Aburahma von der Menschenrechtsorganisation Al Mezan, medico-Partner in Gaza: „Inspiriert durch die Revolutionen in Nordafrika entdecken sie die Einheit als ihr Thema. Schüler aus Gaza kommunizieren mit denen aus der Westbank, die sich wiederum mit Jugendlichen aus den libanesischen Flüchtlingslagern, aus Jordanien oder aber aus Israel zusammentun.“

Da dieser Protest längst nicht mehr nur virtuell ist, versuchen sowohl Hamas als auch Fatah entweder die Bewegung zu vereinnahmen oder denunzieren die Protestierenden jeweils als Anhänger der anderen Partei und veranlassen gegebenenfalls bereits im Vorfeld die Festnahme der Demonstrationsanmelder. Mustafa Barghouti, Präsident der Palestinian Medical Relief Society, gibt sich im Gespräch dennoch sehr zuversichtlich: „Wir werden großartige Zeiten erleben. Die arabische Welt befindet sich im Aufbruch. Weil es so lange gedauert hatte, explodieren die Revolten jetzt wie nie zuvor in unserer jüngeren Geschichte.“ Der medico-Partner in Ramallah ist überzeugt, dass die palästinensische Bevölkerung begonnen habe, die Macht des gewaltlosen Widerstands zu entdecken. „Vor allem die Jugend will endlich an den Entscheidungen über ihre Zukunft teilhaben können. Wir wollen unsere Demokratie zurück und diejenigen, die sich gegen diesen Trend verweigern, werden nur kurzfristig reüssieren können.“

Tsafrir Cohen


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