Zum zehnten Mal folgte im Dezember 2014 die Karawane den Migrationsrouten durch Mexiko. Zwei Wochen lang suchen vorwiegend Mütter und Ehefrauen aus Mittelamerika nach Lebenszeichen ihrer Angehörigen, die auf dem Weg Richtung USA spurlos verschwunden sind. Womöglich sind sie auf der gefährlichen Reise verunglückt, entführt oder gar getötet worden.
Es erfordert Mut, Kraft und Beharrlichkeit, sich auf die Suche zu begeben und diese zu begleiten. Doch die Aktivistinnen und Aktivisten der Mesoamerikanischen Migrationsbewegung M3 – Gastgeber und Organisator der Karawane – nehmen diese Aufgabe an. Vielleicht auch deshalb, weil sie wissen, was Migration bedeutet.
Aktivistinnen und Aktivisten
Da ist zum Beispiel Elvira Arellana, die sich selbst illegal in den USA aufgehalten hat. Als ihr die Deportation drohte, die sie von ihrem in den USA geborenen Sohn getrennt hätte, suchte sie in ihrer Pfarrei in Chicago Kirchenasyl. Ein Jahr später wurde sie abgeschoben.
Da ist Ruben Figueroa, der als Jugendlicher in die USA migrierte, um Geld zu verdienen. Zurück in Mexiko begann er im Hause seiner Eltern solidarische Hilfe für Migranten aus Zentralamerika zu organisieren.
Und da ist Marta Sánchez Soler. Die 74-Jährige wurde in Frankreich geboren, erste Station der Flucht ihrer Eltern aus Spanien, die sie dann nach Mexiko führte. Ihr zweiter Ehemann, José Jacques Medina, flüchtete in die USA, weil er als Studentenaktivist per Haftbefehl gesucht wurde. Seit vielen Jahren leisten die Aktivisten hartnäckig Lobby-, Medien- und Menschenrechtsarbeit und begleiten Transmigranten auf dem Weg durch Mexiko.
M3 - keine humanitäre Organisation
Marta legt großen Wert darauf, dass M3 keine humanitäre Organisation ist, sondern für die Rechte der Migrantinnen und Migranten streitet. Die politische Forderung nach einem tiefgreifenden Politikwechsel im Transitland Mexiko wie auch in den Herkunftsländern und dem Zielland steht dabei an erster Stelle. Als Koordinatorin von M3 ist Marta bei den Behörden längst bekannt – und gefürchtet, weil sie weiß, wie sie ihnen das Leben schwer machen kann.
Und sie ist mittendrin, wenn die Karawane durch das Land zieht. Sie verhandelt mit den Sicherheitsbehörden den Geleitschutz und prangert deren Mitverantwortung für die Verletzung der Menschenrechte an. Sie gibt unermüdlich Interviews, bei denen sie kein Blatt vor den Mund nimmt, trifft sich mit Regierungsvertretern und dazwischen tröstet sie, wenn Tränen fließen.
All das, so betont sie, wäre nicht denkbar ohne die Unterstützung der lokalen Aktivisten, dem Netzwerk der Migrantenherbergen und vielen anderen solidarischen Menschen in Mexiko. Warum sie diese aufreibende Arbeit macht? „Früher haben die Mütter nur geweint. Aus den vom Schmerz gezeichneten Müttern sind inzwischen aber Kämpferinnen und Verteidigerinnen der Menschenrechte geworden.“
Dieter Müller