Auf einer von rund 300 Bürgerinnen und Bürgern besuchten Feierstunde im Festsaal des Bremer Rathauses erhielt die Frauen- und Menschenrechtsaktivistin Shreen Saroor am 18. November den Bremer Friedenspreis 2011.
Übergeben wurde der Preis von Kristina Bulling, Mitbegründerin und Vorstandsmitglied der Stiftung die schwelle, die Eröffnungsrede hielt der langjährige Bremer Bürgermeister und Schirmherr des Friedenspreises, Hans Koschnick. Die Laudatio zu Ehren Shreen Saroors hielt medico-Mitarbeiter Thomas Seibert.
Mit der Preisverleihung wurde die medico-Partnerin Shreen Saroor als „begabte Netzwerkerin“ geehrt, die sich „in der von Elend und Kriegsverwüstungen geprägten Region insbesondere für Frauen starkmacht, die Opfer von Gewalt und Ausgrenzung geworden sind.“ In seiner Laudatio verwies Thomas Seibert auf Shreens außerordentliche Empathie mit den Überlenden von Unrecht, Armut und Gewalt, die zusammen mit ihrem entschiedenen Feminismus und ihre eigene Erfahrung treibende Kraft ihrer Arbeit ist.
Shreen entstammt zwar der unterdrückten tamilischen Minderheit, gehört aber zu den 70.000 Menschen muslimischen Glaubens, die 1990 von den Tamil Tiger-Rebellen von der Nordwestküste der Insel vertrieben wurden. Sie wuchs in einem Flüchtlingslager auf, zog mit ihrer Familie später in die Hauptstadt Colombo. Heute pendelt sie zwischen Colombo und der Nordprovinz, wo sie sich um die Vernetzung von über hundert lokalen Frauengruppen kümmert. Für medico hat Shreen 2005 an einer Fact Finding Mission zum Stand der Tsunami-Hilfe teilgenommen. Die skandalöse Ungleichbehandlung von Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung auch durch die internationalen NGOs war für sie damals schon ein Grund für das Wiederaufflammen des Bürgerkriegs. Den hat die Armee ab 2008 als „Krieg gegen Terror“ geführt: allein in den letzten vier Kriegsmonaten fielen ihr 40.000 Menschen zum Opfer.
Shreen kam nicht nur zur Preisverleihung, sondern auch zu gemeinsamen Lobbygesprächen in Berlin, Genf und Brüssel: ein Teil der Arbeit, die medico im Netzwerk Sri Lanka Advocacy leistet, dem mehrere deutsche Hilfsorganisationen angehören. Thema war dabei nicht nur die Gewalt auf Sri Lanka, sondern die sehr reale Gefahr, dass die srilankische Variante des „Kriegs gegen den Terror“ zum Muster für viele andere Ländern wird, in denen Minderheiten um ihre Rechte kämpfen. Den Anfang droht das Nachbarland Indien im Krieg gegen die eigene Landbevölkerung zu machen; doch auch in Kolumbien und der Türkei wird über eine „srilankische Lösung“ spekuliert.
Nach ihrer Rückkehr wird sich Shreen wieder um diejenigen kümmern, die in der Hierarchie der Ausgrenzung ganz unten stehen: überlebende Kämpferinnen der Tamil Tigers, die schutzlos der Willkür der Sieger ausgeliefert sind und oft auch von den eigenen Familien missachtet werden.
Mit Shreen wurde der bosnische Imam Vahidin Omanović geehrt, der sich um die Versöhnung katholisch-kroatischer, orthodox-serbischer und muslimischer Bosnierinnen und Bosnier bemüht. Ein dritter Preis ging an ein Stadtteilprojekt in Bremen. Am Tag nach der Preisverleihung trafen sich in der Bremer Martin Luther-Gemeinde noch einmal 80 Menschen zu einem vertieften Gespräch mit den Preisträgerinnen.
Ausgesuchte Berichte zur Situation auf Sri Lanka liefert die von medico betreute Website des Netzwerks Sri Lanka Advocacy: www.lanka-advocacy.org