Nach dem 7. Oktober hat die Repression in Israel gegen politisch Andersdenkende, insbesondere Palästinenser:innen, ein bisher ungekanntes Ausmaß angenommen. Omri Metzer, Direktor des Human Rights Defenders Fund (HRDF) erklärt: „Seit Beginn des Krieges gibt es eine nahezu vollständige Null-Toleranz-Politik gegenüber allen, die sich gegen die Regierung und die militärische Reaktion auf das kaltblütige Massaker der Hamas am 7. Oktober wenden.“ Viele Palästinenser:innen wurden eingeschüchtert und bedroht oder sitzen unter desaströsen Bedingungen in israelischen Gefängnissen, ohne zu wissen, was genau ihnen vorgeworfen und wie lange die Haft dauern wird. Dagegen geht der HRDF vor.
Einen Monat, nachdem Omri im August 1993 zum Militärdienst angetreten war, unterzeichneten Israel und die Palästinensische Befreiungsorganisation das erste einer Reihe von Abkommen zur Lösung des sogenannten Nahostkonfliktes. „Es war eine Phase der Hoffnung“, erinnert sich Omri. „Wir waren überzeugt, dass der Friedensprozess erfolgreich sein und es bereits 1999 einen palästinensischen Staat geben würde.“ Doch die Verhandlungen scheiterten. Die darauffolgende zweite Intifada erlebte Omri in Jerusalem, wo er heute noch zu Hause ist. Enttäuscht von der institutionalisierten zionistischen Linken sei er zum „field activist“ geworden. Zusammen mit anderen Aktivist:innen verbrachte er viel Zeit im besetzten Westjordanland, wo sie palästinensische Hirten und Bauern durch ihre Anwesenheit vor Übergriffen durch jüdische Siedler zu schützen versuchten.
In dieser Zeit wurde Omri klar, dass er sich für eine Menschenrechtsorganisation engagieren wollte. Er arbeitete zunächst bei HaMoked, einer israelischen Organisation, die kostenlosen Rechtsbeistand für unter der Besatzung lebende Palästinenser:innen leistet und seit 2021 von medico unterstützte wird. Als die israelische Polizei 2009 begann, palästinensische Familien gewaltsam aus ihren Häusern in Ostjerusalem zu vertreiben, kam es zu wöchentlichen Demonstrationen, an denen Jüdinnen, Juden und und Palästinenser:innen gemeinsam teilnahmen. Viele wurden verhaftet, auch Omri. In dieser Situation gründete sich der HRDF und unterstützte mit Rechtsbeistand. 2020 wurde Omri Direktor der Organisation. Als solcher nahm er im September 2023 den Aachener Friedenspreis für die Menschenrechtsarbeit von HRDF entgegen. Fünf Wochen später kam der 7. Oktober. Seither ist vieles gekippt. Sich für Frieden und Grundrechte einzusetzen, gilt der israelischen Mehrheitsgesellschaft als Verrat und wird von der Regierung verfolgt. Die Hoffnung, die Omri vor 30 Jahren hatte, scheint aufgebraucht. „Ich bin nicht optimistisch“, sagt er. Das wird ihn jedoch nicht davon abhalten, weiterhin für die Durchsetzung der Menschenrechte in Israel einzutreten.
Ramona Lenz
Die Unterstützung der Menschenrechtsarbeit des Human Rights Defenders Fund ist eine von über fast 30 medico-Kooperationen in Palästina und Israel.