Ein weiterer Rückschlag für die palästinensische Gemeinde Bir el Eid auf den Hebronhügeln im Süden der von Israel besetzten Westbank: Anonyme Angreifer bewarfen ihre Solarzellen mit Steinen und beschädigten sie.
Elad Orian, israelischer Aktivist und Direktor der medico-Partnerorganisation Comet-ME, die die Anlagen gebaut hat, ist empört: „Die Systeme sind die einzige Energiequelle für die fünfzig Bewohnerinnen und Bewohner in dieser Gemeinde, da Israel ihnen den Anschluss an die konventionelle Stromtrasse verbietet. Nur mit ihrer Hilfe können die Menschen die grundlegenden Hygienestandards halten und mit der Außenwelt kommunizieren, und durch sie werden Einkommen generiert und die Frauen unabhängiger.“
Die armen Bauern und Hirten von Bir el Eid werden seit Jahrzehnten sowohl von den israelischen Behörden, als auch von militanten Siedlern ihrer Lebensgrundlage und Zukunftschancen beraubt. Zuerst erklärte die israelische Armee ein riesiges Gebiet um die Gemeinde als Schießübungsplatz und vertrieb die gesamte Gemeinde von ihrem Land. Mit Hilfe der israelischen Organisation Rabbiner für Menschenrechte klagten sich die Bewohner Bir el Eids auf ihr Land zurück. Israels Gerichte erzwangen zwar die Rückkehr, doch radikale jüdische Siedler töteten ihre Ziegen und Schafe, warfen die abgetrennten Tierköpfe in ihre Wasserzisternen, legten ihre Felder in Flammen und zerstörten ihre Ernte. Derweil weigerten sich die israelischen Behörden – sie sind nach wie vor nicht nur für alle zivilen Angelegenheiten, sondern auch für die Sicherheit in den ländlichen Gebieten der Westbank, auch C-Gebiete genannt allein zuständig – die Bauern zu beschützen, sodass die Gemeinde erneut ihr Land verlassen musste. 2009 kehrten sie abermals zurück, doch die israelischen Behörden weigerten sich trotz des richterlichen Beschlusses weiterhin dafür zu sorgen, dass die Gemeinde Grundversorgung wie Wasser oder Strom erhält. Im Gegenteil: Statt ihrer völkerrechtlichen Pflicht nachzukommen, die unter Besatzung lebende Bevölkerung zu versorgen, verknappen sie systematisch den Zugang der palästinensischen Gemeinden zu Wasser und Land, verbieten den Anschluss der Häuser ans Stromnetz oder den Bau von Kindergärten oder Gesundheitseinrichtungen. Sie verbieten sogar den Aufbau von Infrastruktur durch Dritte und zerstören immer wieder ärmliche Behausungen oder Tierunterstände.
Als die israelisch-palästinensische Organisation Comet-ME die Solaranlagen in Bir el Eid aufgebaut hatte, um den Stromboykott zu umgehen und den Menschen einen bescheidenen Zugang zur Moderne zu ermöglichen, beeilten sich die israelischen Behörden Abrissverfügungen auszustellen. Ähnliches geschah in etwa zwanzig weiteren Gemeinden der Region, die unter ähnlichen Bedingungen leben, in denen Comet-ME – mit Hilfe medicos und unterstützt vor allem durch das Deutsche Auswärtige Amt - Solar- und Windenergiesysteme aufgebaut hatte. Hier wird Strom für insgesamt etwa 2.000 Menschen bereitgestellt. Der Spiegel nannte dieses Projekt „eine kleine Revolution für wenig Geld, ein gutes Beispiel für gelungene Entwicklungshilfe“.
Entrechtete palästinensische Bauern sind der Siedlergewalt ausgesetzt
Eine öffentliche Kampagne von Comet-ME und medico sowie diplomatische und juristische Bemühungen haben die israelischen Behörden bislang von dem tatsächlichen Abriss der alternativen Energieanlagen abgehalten. Doch die israelischen Behörden sind jetzt gewarnt und nutzen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um jeden weiteren Entwicklungsschritt zu verhindern: Es ist eine Politik der gezielten Rückentwicklung. Die Palästinenser sollen nur noch eine Perspektive haben: in dicht gedrängten, voneinander getrennten Enklaven in vollständiger Abhängigkeit von Israel ihr Dasein zu fristen. Gleichzeitig fördert Israels Regierung einen Steinwurf entfernt den Ausbau jüdischer Siedlungen mit großzügigen Subventionen. Die Perfektionierung eines Systems der ethnisch-religiösen Segregation ist ein offensichtliches Signal an radikale jüdische Siedler, die entrechteten palästinensischen Bauern durch Faustrecht in die Steinzeit zurückzutreiben.
Unsere Antwort
Das expansive israelische Enklavensystem droht einem künftigen Palästina allenfalls umstellte Gebiete zu überlassen. Dagegen verteidigen die medico-Partner in Tel Aviv, Ramallah und Gaza die politischen, sozialen und ökonomischen Menschenrechte. Dabei geht es immer auch darum Wege zu finden, wie dem fast perfekten System von Aus- und Einschlüssen entkommen werden kann.