Dass die Bundesregierung im Oktober vergangenen Jahres verkündete, private Investitionen in Afrika mit einer Milliarde Euro zusätzlich zu fördern, ist höchstwahrscheinlich der Lobbyarbeit des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft zu verdanken, der genau diese Summe wenige Monate vorher gefordert hatte. Das Geld soll aus Sicht der Unternehmer_innen dazu dienen, Investitionen des deutschen Mittelstands in Afrika abzusichern. Die Bundesregierung verbindet damit nicht nur das Ziel, die eigene Wirtschaft zu anzukurbeln, sondern auch die Hoffnung, Arbeitsplätze in Afrika zu schaffen und so Flucht und Migration nach Europa entgegenzuwirken. Triple-Win also zugunsten von Bundesregierung, Unternehmen und arbeitslosen Afrikanerinnen und Afrikanern?
Auf Anfrage von Uwe Kekeritz, dem entwicklungspolitischen Sprecher der Grünen, sind nun erste Informationen über den Fonds, der den Arbeitstitel „Entwicklungsinvestitionsfonds“ trägt, bekannt geworden. Es bestätigt sich die schon zu Beginn geäußerte Kritik, dass nicht das entwicklungspolitische Ziel der Armutsbekämpfung leitend ist und auch nicht von Konflikten geprägte Länder im Fokus stehen, sondern vorrangig die Partnerländer des von den G20-Staaten 2017 beschlossenen „Compact with Africa“, die als Wachstumsmärkte gelten. Darunter auch der Folterstaat Ägypten.
Profitinteressen in Afrika
Unklar ist nach Kekeritz noch immer, woher das Geld für den „Entwicklungsinvestitionsfonds“ kommen soll. Es muss befürchtet werden, dass Gelder der Entwicklungszusammenarbeit dafür umgeschichtet werden, die dann nicht mehr für die dringend benötigte Förderung von Bildungs- und Gesundheitssystemen zur Verfügung stehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel geht davon aus, dass die Unternehmen selbst in die Infrastruktur in Afrika investieren werden und vernachlässigt dabei, dass deren Profitinteresse selten deckungsgleich ist mit dem Gemeinwohl, dessen Förderung durch die Umschichtung demokratischen Prozessen entzogen wird. Die meisten Konzerne tun noch dazu alles dafür, Steuern zu vermeiden. Sie zahlen weniger als gesetzlich vorgeschrieben und oft nicht dort, wo die Profite erwirtschaftet werden. Wenn die Politik nicht dafür sorgt, werden sie weiterhin einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls schuldig bleiben.
Dass der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft den Fonds als „beinahe historisch“ feiert, sollte zu denken geben, ermöglicht es die damit zugesagte Investitionsabsicherung den Unternehmer_innen doch, Verluste auf die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und -zahler umzulegen und Gewinne privat einzustreichen. Aus entwicklungspolitischer Perspektive sind Profite auf Kosten des Allgemeinwohls jedoch alles andere als ein Grund zur Freude. Da hilft es auch herzlich wenig, wenn der ein oder andere Arbeitsplatz dabei abfällt.
Ob in der Waffenindustrie oder in der Fluchtursachenverhinderungsindustrie: Die Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen legitimiert noch immer fast jedes Profitinteresse. Davon auszugehen, dass deutsche und andere Unternehmen mithilfe des Fonds in den nächsten Jahren in nennenswertem Umfang Ausbildungs- und Arbeitsplätze auf dem afrikanischen Kontinent schaffen, wo die Bevölkerung wächst und die Jugendarbeitslosigkeit immer mehr zunimmt, darf jedoch bezweifelt werden. Unternehmen schaffen nur dann Ausbildungs- und Arbeitsplätze, wenn es für sie profitabel ist. Wenn dem nicht mehr so ist, schaffen sie sie auch wieder ab. In Anbetracht von Hungersnöten, kriegerischen Auseinandersetzungen und Millionen Arbeitslosen nehmen sich die 2.400 in 2016 von deutschen Unternehmen in Afrika geschaffenen Arbeitsplätze ohnehin lächerlich aus. An diesem Zahlenverhältnis wird auch der „Entwicklungsinvestitionsfonds“ nichts Wesentliches ändern.
Neue Fluchtgründe
Hinzu kommt, dass deutsche Unternehmen in Afrika deutlich weniger Rücksicht auf die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nehmen müssen als hier. Im weltweiten Vergleich steht Deutschland auf Rang fünf, wenn es um Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen geht und bis heute gibt es keine verbindlichen Regeln, nach denen sie dafür haftbar gemacht werden können. Ebenso wenig wie für die Umweltschäden, die sie anrichten. Es ist daher zu befürchten, dass Investitionen deutscher Unternehmen in Afrika eher neue Fluchtgründe schaffen als ernsthafte Bleibeperspektiven zu eröffnen.